Fusionen zwischen Banken waren in den letzten 20 Jahren an der Tagesordnung und so sank die Zahl der Kreditinstitute in Deutschland von rund 2 400 im Jahr 2004 auf gut 1 300 im April 2024. Die Gründe sind unter anderem in zunehmenden Anforderungen in Sachen Regulatorik und Digitalisierung zu suchen. „Das sind für eine kleine Bank große Brocken“, sagt Bettina Burger, die 2022 als Vorstand bei der Raiffeisenbank Steinheim für Steuerung und Marktfolge zuständig war. So nahmen sie und ihr Vorstandskollege Eduard Reisenauer die Einladung von Oliver Conradi und Elke Müller-Jordan von der Heidenheimer Volksbank zu Gesprächen gerne an. „Wir diskutierten alles ausgiebig und Heidenheim war ein natürlicher Partner.“ Das bestätigt auch Doris Hofele, bei der Heidenheimer Volksbank für Finanzen und Controlling zuständig: „Es gab schon vorher in einzelnen Themengebieten eine gute Zusammenarbeit.“ Im November 2022 fiel dann die Entscheidung, aus zwei Banken eine zu machen – und das Vorhaben wurde öffentlich kommuniziert. Alles stand natürlich unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Mitglieder in Steinheim und der Vertreter in Heidenheim, die im Mai und Juni mit 96 bzw. sogar 100 % der Stimmen erfolgte. Tausende von Aufgaben. In Anbetracht der vielen Aufgaben starteten die Teams aber schon vor der offiziellen Zustimmung. „Wir sind vorher ins Risiko gegangen und fingen mit den Vorbereitungen an“, erinnert sich Josef Mendler, bei der Volksbank als Projektleiter für die Fusion verantwortlich. Denn die Vorbereitungen waren umfangreich. Insgesamt 2 300 Einzelaufgaben waren definiert, alle mit mehreren Punkten und verschiedenen involvierten Kolleginnen und Kollegen. Das war übrigens das Doppelte an Aufgaben wie bei der Fusion mit Nattheim vor zehn Jahren – mehr Produkte, mehr Technik, mehr Regulatorik. „Es gab zwar Anleitungen der Atruvia, unseres IT-Dienstleisters, für die technische Zusammenführung, aber solche Manuals decken immer nur den Standard ab und dann tauchen doch immer Abweichungen auf“, erklärt Bernd Sekanina, als Zuständiger für IT und Telefonie auch der stellvertretende Projektleiter der Fusion. „Wir haben einen Rahmen, aber die Entscheidung liegt immer bei uns.“ In Abstimmung mit Ricarda Fellhauer, die in Steinheim für IT-Organisation und jetzt in der Unternehmensorganisation tätig ist, gab es bis zum großen Tag zahlreiche Testläufe. Am 11. November dann die große Spannung. Aber das Datum sollte kein schlechtes Omen werden: Alle Systeme liefen nach der technischen Fusion einwandfrei, die Geldautomaten spuckten wie gewünscht Scheine aus. Am Leitstand, quasi „Houston Mission Control“ mit zehn Rechnern, Standleitung zur Atruvia in Karlsruhe und 10 bis 12 Leuten, die von Donnerstagabend bis Samstagnachmittag im Einsatz waren, konnte endlich durchgeatmet werden. Fast ein Jahr Vorbereitungszeit. „Am Ende waren es fast elf Monate mit einer hohen Arbeitsbelastung“, wie Bettina Burger berichtet. Auch wenn beide Institute Teil der genossenschaftlichen Welt waren und die gleiche Software verwendeten, gab und gibt es nach wie vor doch viele Anpassungen, andere Prozesse oder „auch gar keine explizit definierten Prozesse in Steinheim“. So galt es, die Servicemitarbeiter zu schulen, z. B. durch „Blickwechseltage“ mit Besuchen in Volksbank-Geschäftsstellen – ob auf der anderen Straßenseite in Steinheim oder in Dischingen. Natürlich mussten auch die Kunden umfassend informiert werden. Zum Glück konnte ein Großteil mit ihrer alten Kontonummer übernommen werden, wenngleich sich die IBAN natürlich aufgrund der neuen Bankleitzahl änderte. „Nur wenige Doppelkunden mussten aufwendig manuell gepflegt werden“, erzählt Florian Graml, bei der Volksbank für Kredite und Einlagen zuständig. Letztes großes Thema waren die rechtlichen Dinge. Unzählige Verträge mussten geprüft und danach aufgelöst oder umgeschrieben werden. „Das galt auch für den Eintrag im Genossenschaftsregister in Ulm, der aber am 2. November pünktlich über die Bühne ging“, sagt Doris Hofele. Ganz wichtig dabei: Alle Arbeitsverträge laufen zu den garantierten Konditionen weiter und die bisherigen Arbeitsjahre werden natürlich angerechnet. Viele der Mitarbeiter der internen Bereiche in Steinheim sind in Heidenheim tätig, die Servicemitarbeiter bleiben in Steinheim und freuen sich auf die neue Filiale, die bis Juli in den alten Geschäftsräumen der Raiba entsteht. Die Zusammenarbeit im Team war auf jeden Fall erfolgreich, wie Florian Graml erzählt: „Wir haben uns in vielen Projektsitzungen kennengelernt – und das immer auf Augenhöhe.“ Auch Bernd Sekanina blickt sehr zufrieden zurück: „Ich habe vier Fusionen mitgemacht und keine lief so positiv ab wie diese!“ Aus zwei Welten eine schmieden Ein neues Türschild, ein neuer Briefbogen. Wer denkt, dass damit alles bei einem Zusammenschluss zweier Banken erledigt ist, der täuscht sich. Es gibt viel mehr zu tun, wie ein Blick hinter die Kulissen zeigt. meine Bank _ Juni 2024 VOLKSBANK INTERN _ 11
RkJQdWJsaXNoZXIy NDU5MjM=